Die Entscheidung ist gefallen. Wir bauen ein neues Medienhaus. Doch bei diesem Bauvorhaben geht es um viel mehr als nur um ein neues Gebäude. Als Baureporter darf ich hier und da in Veranstaltungen dabei sein, in denen die spannenden und „übergeordneten“ Fragen gestellt werden.
Eines der großen Themen lässt sich mit dem Begriff Arbeitskultur gut umschreiben. Denn die neuen Räumlichkeiten bieten die Möglichkeit, sich ganz neu darüber Gedanken zu machen, wie wir in Zukunft zusammenarbeiten wollen. Unser Vorstand hat sich dazu einige grundsätzliche Gedanken gemacht – und mit vitra ein international erfahrenes Unternehmen gefunden, das über große Erfahrung im Bereich Büro- und Arbeitskultur verfügt.
Über die letzten Wochen und Monate haben ausgewählte Mitarbeiter, der Vorstand und das Unternehmen vitra erste Entwürfe einer neuen Bürolandschaft erstellt. Höhepunkt dieser gemeinsamen Planungen war der Besuch einer großen Mitarbeiter-Delegation in vitras Unternehmenssitz in Weil am Rhein. Die Idee war, dass die Mitarbeiter so eine Vorstellung davon bekommen, wie ihre Bürolandschaft ab 2020 aussehen könnte. Wir haben nach dem Besuch mit einigen Mitarbeitern gesprochen und sie nach ihren Eindrücken befragt.
Zusammenrücken, um Platz zu bekommen
Dr. Jörg Dechert
Claas Kaeseler: Was versteckt sich für Dich konkret hinter dem Begriff „neue Arbeitskultur“?
Dr. Jörg Dechert: Wir clustern Arbeitsplätze enger zusammen und nehmen die Wände und Flure raus. Wir rücken sozusagen die Tische näher zusammen, damit wir woanders neue freie Flächen bekommen, um gemeinsam genutzte Bereiche wie Lounges, Kreativbereiche, Telefonbereiche oder Räume zum Abhören von Sendungen zu haben.
Claas Kaeseler: Was gefällt Dir am Bürokonzept von vitra?
Dr. Jörg Dechert: Mir hat gefallen, dass es eine sehr zeitgemäße, zukunftsorientierte Arbeitskultur widerspiegelt. Es wird viel Wert auf Transparenz gelegt. Erfordernisse wie zum Beispiel Vertraulichkeit werden nicht durch ein Sicherheitsdenken gewährleistet – indem also jeder Arbeitsplatz von Wänden eingemauert wird – sondern durch eine Kultur getragen.
Claas Kaeseler: Was charakterisiert aus Deiner Sicht die neue Bürokultur bzw. Bürolandschaft?
Dr. Jörg Dechert: Wir sind geprägt von einer Arbeitskultur, die heißt: „Mein Büro ist mein Arbeitsplatz und da gehe ich hin, um zu arbeiten.“ Je mehr wir uns aber in eine Wissensgesellschaft entwickeln, desto mehr sind hohe Mobilität und Wissensorientierung gefordert. Wir sind gemeinsam umso besser, je mehr wir voneinander und miteinander wissen. Für uns soll es in Zukunft heißen: „Da, wo ich bin, findet meine Arbeit statt.“ Das kann in einem Büro sein, in einer Kreativzone, einem stillen Arbeitsbereich oder sogar in der Cafeteria. Da, wo ich am produktivsten mit anderen zusammen arbeiten kann – da gehört meine Arbeit hin.
Dr. Jörg Dechert ist Vorstandsvorsitzender von ERF Medien. 1997 arbeitete er als Projektleiter für die Christliche InterNet-Arbeitsgemeinschaft CINA. Von August 2007 bis Mai 2012 hat er die Leitung des Arbeitsbereichs ERF Online übernommen. Von April 2012 bis September 2014 war er als Bereichsleiter Content besonders für die strategische Entwicklung und crossmediale Verknüpfung der Inhalte in Radio, Fernsehen und Internet verantwortlich. Seit Oktober 2014 ist er Vorstandsvorsitzender von ERF Medien.
Modern, offen und stylisch
Horst Kretschi
Claas Kaeseler: Wie hat Dir das Konzept der neuen Bürolandschaft gefallen?
Horst Kretschi: Das Konzept hat mir gut gefallen. Allerdings gibt es bei vitra keine behinderten Mitarbeiter. Deshalb ist die Räumlichkeit dort auch nicht darauf ausgelegt und ausgestattet. Entscheidend für uns ist, dass die Wege ausreichend breit gestaltet werden und dass Arbeitsplätze für behinderte Mitarbeiter vorgesehen werden. Das soll so sein und darauf freue ich mich.
Claas Kaeseler: Was gefällt Dir daran?
Horst Kretschi: Ich kann mir gut vorstellen, in so einer Bürolandschaft zu arbeiten, weil es viel moderner, offener und stylischer ist. Toll ist, dass es im Vergleich zum gegenwärtigen Haus relativ kurze Wege gibt. Das beschleunigt die Arbeit und macht sie effektiver. Das sehe ich absolut positiv. Wenn wir entsprechend coole Möbel bekommen, wie sie dort produziert werden, wäre das noch mal das Sahnehäubchen.
Claas Kaeseler: Wo siehst Du Herausforderungen?
Horst Kretschi: Ich bin schon gespannt, ob jeder für sich genügend Platz hat. Für mich gibt es einen zentralen Punkt: Der Maßstab sollte sein, dass wir das umsetzen, was wir brauchen, um möglichst gut zu arbeiten – und nicht, was ein Architekt oder ein Innenarchitekt meint, was heute eine Bürolandschaft zu sein hat. Ich denke, dass wir in guten und vernünftigen Prozessen drin sind. Und ich finde es auch gut, dass die MAV von Anfang an einbezogen war und auch schon früh kritische Fragen gestellt hat.
Horst Kretschi hat am 1. September 1998 sein Volontariat bei ERF Medien begonnen. Mittlerweile ist er als Redakteur bei ERF Pop tätig. Er hat Geschichte, Philosophie und Theologie studiert und ist Behindertenvertreter bei ERF Medien.
Vieles ist konkreter geworden
Jens Krombach
Claas Kaeseler: Was hast Du von Deinem Besuch bei vitra mitgenommen?
Jens Krombach: Ich war froh, weil ich mir die zukünftige Bürolandschaft und -kultur nur aufgrund der Planungsunterlagen nicht vorstellen konnte. Jetzt ist vieles konkreter geworden. Grundsätzlich hat mir das ganz gut gefallen – auch wenn ich kein Freund von großen Büros bin. Aber durch die Landschaften ist vieles aufgelockert und man kann sich dann schon eher vorstellen, auch in einem großen Raum zu arbeiten.
Claas Kaeseler: Was charakterisiert denn aus Deiner Sicht die neue Bürokultur/Bürolandschaft?
Jens Krombach: Es ist gut für die Kommunikation zwischen den Mitarbeitern. Das ist bei uns im Bereich Finanzen nicht das Hauptkriterium, aber für die Redaktion ist das sicher wichtig. Was ich aber auch festgestellt habe: Bei vitra haben die Mitarbeiter immer sehr leise geredet und man durfte auch nicht laut reden. Da müssen wir unser eigenes Verhalten ändern, damit die einen die anderen nicht stören.
Claas Kaeseler: Hat sich bei Euch im Bereich durch den Besuch bei vitra etwas geändert?
Jens Krombach: Bei uns konnte sich anfangs keiner vorstellen, aus dem Konzept von Einzelbüros „auszubrechen“. Inzwischen sind die Mitarbeiter schon einen Schritt weiter und überlegen sich: „Wie können wir das zukünftig gemeinsam machen? Wie muss es bei uns eingerichtet sein, damit wir damit arbeiten können?“
Jens Krombach ist Industriekaufmann und Bilanzbuchhalter. Er arbeitet seit 1991 bei ERF Medien. Im Jahr 2008 übernahm er die Leitung der Buchhaltung. Seit Februar 2012 ist er Bereichsleiter für Finanzen und Geschäftsführer der ERF mediaservice GmbH.
Mein ganz persönliches Fazit
Auch ich habe mich natürlich in den vergangenen Wochen intensiver mit dem neuen Bürokonzept und der dahinterstehenden Arbeitskultur beschäftigt. Mich freut die ausgewogene Betrachtung meiner Kolleginnen und Kollegen. Blinder Optimismus ist genau so fehl am Platz wie Rundum-Kritik. Ich freue mich auf die moderne Bürogestaltung. Mit dem neuen Konzept kommen sicher einige Veränderungen auf uns zu. Aber wie sagte meine Kollegin Ruth Schuffenhauer so schön: „Ich sehe das als gemeinsames Abenteuer, das viele Chancen birgt.“ Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.
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